Dane, ein Künstler aus Mazedonien erobert Rheda-Wiedenbrück

von Norbert Börger

„Tears in heaven“, Eine Version von Danes alten Weggefährten Tonka, und mir.

Tja, mittlerweile ist es schon fast 30 Jahre her, als ich den Künstler Dane Kapevski kennenlernte. Es muss so 1992 gewesen sein. Eigentlich hat er ja mich kennengelernt, waren wir mit unserer Band Starlight aus Rheda-Wiedenbrück sehr bekannt und die Musikszene ist bekanntlich klein.

Doch Dane war nicht nur Maler und Bildhauer, er war auch musikalisch vielfältig interessiert und spielte in seiner Heimat den Bass in der bekannten mazedonischen Hardrockband Karamela. Folglicherweise kamen wir sehr schnell auf das Thema Musik, und diskutierten stunden, – ja nächtelang über die Musikszene, über die Gitarre, über die Möglichkeiten der Musikproduktionen in Deutschland, in Rheda-Wiedenbrück und vieles mehr.

Ich besuchte ihn mit meiner Frau damals in seiner Wohnung in der Langen Straße in Wiedenbrück. Dort wohnte er mit seiner Freundin Bettina und wir fabulierten die ganze Nacht über Gott und die Welt. Zu der Zeit betrieb ich mein Tonstudio in der Pixeler Straße in Rheda-Wiedenbrück, und schon zwei Tage später besuchte mich Dane im Studio und stellte mir seine musikalischen Ideen vor.

Hat er doch schon in seiner Heimat einen Kultstatus mit seiner Band Karamela erreicht, so wollte er am liebsten nahtlos anschließen mit seiner musikalischen Karriere in Deutschland. Dies stellte sich aber nicht so einfach dar wie er sich das vorstellte. Es dauerte nicht lange, da gesellte sich auch sein bester Freund und Sänger seiner Band Karamella, Tonka, zu uns, und die ersten Jamsessions fanden statt.

Traf es sich doch recht gut, dass es in unserem Tonstudio selbst mitten in der Nacht um 12:00 Uhr möglich war, lauteste Rockmusik zu spielen. Das gefiel unserem Freund Dane so gut, dass er mich als dann fragte, ob er die Räumlichkeit mieten könnte. Er habe gehört, dass wir mit unserem Tonstudio nach Langenberg umziehen. Ich war nicht abgeneigt, und später war aus Dane, dem Musiker und Künstler, mein Mieter geworden.

Hier ein Song aus der Zeit von Dane (Homeless) mit Tonka als Sänger. Unveröffentlicht!

Als dann wurde aus dem Tonstudio eine regelrechte Kultstätte, in der es Malkurse, Jamsessions, und- natürlich ausgiebige Partygelage gab. Ab 1994 begann er, parallel zur Musik und der Malerei mit seiner Skulptur „Otto“, die zu der Zeit noch nicht einmal einen Namen hatte, in Wiedenbrück Aufsehen zu erregen. Sie brachte Dane finanziell wieder auf die Beine, und ich musste mir keine Sorgen mehr um die Miete machen.

Doch einige Zeit später musste das ehemalige Tonstudio einem Neubau weichen, und Dane suchte wieder eine neue Bleibe. Die fand sich im ehemaligen Telekom Gebäude im Heiligenhäuschen Weg in Wiedenbrück. Dort nahm die Malerei wieder Fahrt auf, und im Außenbereich tauchten die ersten Konturen seiner neuen Mega Skulptur Kleopatra, später Metallica auf.

Am Anfang musste man schon sehr viel Fantasie haben, um die Dimensionen der zwei Füße zu realisieren. Aber Bescheidenheit war noch nie Danes Ding. Und irgendwann konnte man über eine Wendeltreppe bis zum Knie wandeln, und befand sich schon in 13 m Höhe. Und spätestens jetzt musste ein endgültiger Platz für die Skulptur gefunden werden, da ab jetzt kein Transport mehr möglich gewesen wäre. Und hier kamen die Sponsoren ins Spiel, verschiedene Standpunkte wurden erläutert, eine Statik musste erstellt werden, und die ganze Bürokratie des deutschen Staates begann, den Weg immer steiniger werden zu lassen.

Zurück nach Rheda

Eine Nutzungsänderung zwang Dane 2006 wieder eine neue Bleibe zu suchen. Und wieder stand die Pixelerstrasse zur Debatte. Dane zog wieder in die Nummer eins ein, diesmal in meinen ehemaligen Bogenladen. Dort verbrachte Dane seine letzten 4 Jahre in der Emsstadt, bevor er Deutschland „lebewohl“ sagte.

Auf dem Bild oben sehen wir seine Tochter Valeska vor Danes ersten Ölgemälde, das er im Alter von 14 Jahren gemalt hat.

Anläßlich seines Todes fand im Januar eine Finisage mit Erinnerungen an sein Leben in der Emsstadt im kleinen Kunstladen an der Langen Strasse in Wiedenbrück statt.

Slobodan „Dane“ Kapevski Künstler Biographie 

Slobodan „Dane“ Kapevski, geboren 1957 in Robovo, Jugoslawien. Jüngster Sohn des Mechanikers Gjorgi Kapevski und der Schneiderin Draga Kapevska. 

Von Kindheit an hatte Dane ein Interesse an der Malerei. Seit er in der Grundschule heimlich einer Lehrerin nachspionierte, die als Hobby mit Ölfarben malte, war er von dem Medium vollkommen eingenommen. Für sein erstes Werk bat er die Malermeister einer nahegelegenen Baustelle mit einer leeren Milchbox um Farbe, und spannte Stoffreste der Mutter auf den Rahmen eines kaputten Spiegels. Hinter verschlossener Tür malte er heimlich das Bild der Olympia (Edouard Manet) anhand eines Abbilds in der lokalen Fernsehzeitung nach. Dane begann in diesen frühen Jahren auch Cartoons nachzuzeichnen und selbst zu entwickeln. Seine schulische Laufbahn sollte von hier an eine künstlerische Richtung einschlagen. Schlussendlich wurde er von der renommierten Akademie für bildende Künste in Belgrad (Jugoslawien) angenommen, und absolvierte sein Studium mit dem Schwerpunkt Malerei (später Fresko und Wandmalerei) als einer der Klassenbesten. 

Auch musikalisch war Dane autodidakt. Er schaute sich die ersten Gitarrengriffe von lokalen Stadtmusikanten und Nachbarn ab. Mit der Band „Karamela“ wurde er in den 80er Jahren in Jugoslawien bekannt. Mit der späteren Neugründung der Band in Deutschland, unter demselben Namen, brachte er ein Album und Soloalbum raus. 

Von 1986 bis 2010 lebte der Künstler und Musiker in Rheda-Wiedenbrück. Dort stellte er seine Werke in zahlreichen Galerien aus und widmete sich verstärkt der Bildhauerei. Sein größtes Werk ist die 1996 fertiggestelle Skulptur „Otto“, ein 12 Meter hoher Mann aus gesammelten Schrottteilen. 

Er malte von der Grundschule bis zu den letzten Tages seines Lebens. Die Stile und Techniken seiner Kunst variierten über die Jahre. Doch egal in welchem Medium – Dane blieb sich treu. Seine Gemälde, Skulpturen und Lieder sind ein Ausdruck seiner Person, seiner Interessen, Geschichten und seines Charakters. Er malte, weil ihn das Schaffen interessierte und weil er seine eigenen Grenzen und die Grenzen seiner Materialien austesten wollte. Das Experiment und das Entdecken spielten dabei immer eine große Rolle. Als Künstler mit Leib und Seele betrachtete er die Welt als Potential und Spielplatz. Alles konnte Kunst sein oder zur Kunst verarbeitet werden. Frei nach dem Motto: Wer sucht der findet, verstecken sich in seinen Werken Motive aus der Natur, ob menschlich oder tierisch. Diese Symbole verstand Dane auch als universelle Sprache: „Kunst versteht jeder, egal welche Sprache man spricht.“ Er war in diesem Sinne auch ein Pragmat, und überließ seine Werke gerne voll und ganz den Augen und Köpfen der BetrachterInnen. Genau wie er, sollten diese seine Kunst immer wieder neu entdecken und dabei nicht zuletzt auch einfach nachhaltig Freude an seinen Werken haben.

19.05.1957 geboren in Robovo, Jugoslawien

1972 – 1977 Schule für angewandte Kunst, Fachrichtung Malerei, Skopje, Jugoslawien

1975 Ausstellung in der Galerie „KO-RA“, Skopje

1977 – 1982 Studium an der Akademie für bildende Künste, Belgrad

1981 Gruppenausstellung „Zeichnungen“ mit allen Kunstakademien Jugoslawiens

1983 Dane geht mit der jugoslawischen Hard Rock Band „Karamela“ als Bassist auf Europa-Tour

1982 – 1984 Dissertation und Gruppenausstellung mit „DLUM“, Belgrad, Skopje, Sarajevo, Ljubiana, Titograd, Zagreb

1985 Aufenthalt in England für die Anfertigung eines großformatigen Wandgemäldes im „Hotel Belgrad“, Manchester

1985 Ausstellung in der Art-Galerie UMA, Hamburg

1988 Ausstellung in der Galerie „Zacero“, Hamburg

1990 Ausstellung „Forum Liesborn“ im Museum „Abtei Liesborn“, Bad Waldliesborn

1992 Ausstellung in der Art Galerie von Sturm, Hamburg

1994 – 1996 Bau und Verkauf der überdimensionalen Skulptur aus Schrottmetall „Otto“, Rheda-Wiedenbrück

1996 Ausstellung „DANE+Doré“ mit der Künstlerin Dorée, Rheda-Wiedenbrück

1998 Erstes in Deutschland angefertiges Mosaik, Rheda-Wiedenbrück

2000 – 2001 Ausstellung der Gruppe 13 im Haus Samson, Herzebrock-Clarholz

2001 Musikproduktion der Neugründung von „Karamela“ und des Solo-Albums „Lonely Man“

2004 – 2006 Ausstellung in der Galerie Sneek, Holland „CreationsLive“ in Delray Beach, Florida, USAusstellung in der Firma vertical vision international, München

2010 Beginn der Arbeit an der überdimensionalen Skulptur „Metallika“ (später „Cleopatra“). Die Figur überstieg mit den geplanten 22 Metern die organisatorischen Möglichkeiten und wurde nur bis zu den Knien (13 Meter) fertiggestellt

Dane Art-on-Tour Ausstellung einer Serie an Kleinskultpturen aus Schrottmetall in mehreren deutschen Städten

Gruppenausstellung „Connected“ mit Bildhauer Jörg W. Schirmer und Medienkünstler Ande Yuen, Rheda-Wiedenbrück

Dane führt eine Performance auf dem Dreiecksplatz durch kreiert die surreale Skulptur „Tierisch“ life in der Öffentlichkeit

„DANE“ Goldschmuck Projekt und Ausstellung mit Goldschmied Rainer Kamrath, Rheda-Wiedenbrück

Dane zieht zurück nach Nordmazedonien in den Nationalpark Matka. Jeden Winter kehrt er für eine Ausstellung nach Rheda-Wiedenbrück zurück

2019 Letzte Ausstellung in Deutschland an der Langen Straße, Rheda-Wiedenbrück

26.11.2022 Dane verstarb mit 65 Jahren friedlich in seiner Heimat Nordmazedonien und wurde dort bei seinen Eltern beigesetzt

Nachwort

Wenn ein Tropfen Wasser auf ein Blatt Papier fällt, beult die Fläche aus, weil das Papier aufweicht: Sie erweitert sich in den Raum. von oben gesehen bildet sie eine Höhle, von unten gesehen bildet sie eine Wölbung. Aus der Fläche entsteht ein dreidimensionales Gebilde, in diesem Fall ein Körper aus Papier, mit sanften Rundungen. er ist zweidimensional abbildbar, mit Bögen und Kurven. Schattierungen erhöhen den optischen Reiz. 

Auch Leiber sind auf diese Weise darstellbar. Im Illusionsraum Bild, d.h., auf einer Fläche, werden ihre Ausbuchtungen und Vertiefungen mit Bögen und Kurven schattiert wiedergegeben. Es fehlt aber zwangsläufig das haptische Moment, ich kann nicht anfassen, was ich sehe. Ich fühle nur Farbmaterie auf der Leinwand, auf Holz oder Papier. Lichtempfindliche Materialien für Photographien und Filme oder die Mattscheiben der Fernsehgeräte und Computer sollte ich besser erst gar nicht anfassen. Ihre kühle Glätte lenkt vollkommen vom Gemeinten ab, verwirrt den Tastsinn.

Es fehlt darüber hinaus ein weiteres Moment: die Ausdehnung. Schiere Ausdehnung zwingt hinzusehen, ich fühle mich bedrängt. Kleines dagegen verführt zum Wegsehen. Blicken wir mit dem Kopf im Nachen auf, vergleichen wir unmittelbar mit unserer Köpergrößte. – Wie müssen sich erst die Seeleute auf ihren nusschalengroßen Schiffen in der Nähe des Kolosses von Rhodos gefühlt haben? Er war 31 m hoch! – 

Gartenzwergkleines beachten wir weniger oder gar nicht oder gerührt (Kindchenkomplex), d.h., wir sind uns unserer Größe zu sehr und immer bewusst, auch und gerade der körperlichen Größe. (Wer Platzangst hat, sollte zwischen Wolkenkratzern zu Boden schauen.)

Maler und Bildhauer vieler Generationen haben sich um ihres Formstrebens willen und um der Wirkung auf die Betrachter willen auch mit den bisher skizzierten Problemen auseinandergesetzt. Die o.a. Probleme aber relativieren sich wie alle übrigen bildnerischen Probleme, wenn über die optischen und haptischen Reize der Bilder und Plastiken hinaus – die zugegeben nur kurze Zeit wirken – , Bedeutungen angestrebt und – im weitesten Sinne – als Bedeutungen beachtet werden.

So ist Danes „OTTO“ nicht nur eine ausgedehnte Figur, er ist auch eine Figur ohne Attribute, mithin ohne jegliche Eigenschaft. Nichts verleiht ihm Würde, nichts weist über ihn hinaus oder auf ihn hin. Er ist eine geburt seiner Zeit (1995) Seine schiere Ausgedehntheit zwingt uns hinzusehen, denn übersehen lässt er sich nicht, ob am Entstehungsort oder auf Reisen. Er wuchs von den Füßen aus hoch, weil er stehend modelliert wurde. Er weist Proportionen auf, die den Standpunkt des Betrachters berücksichtigen, usw. 

Und was bedeutet er Ihnen? Fragen Sie sich!

So zeigen Danes Bilder nicht nur ausgedehnte, an Leiber erinnernde Formen, teilweise durch Schattierungen modelliert, sie verbergen auch jegliche Bedeutung: Der Betrachter muß sie erschließen, für sich, und jeder wieder auf eine andere Weise.

Mit Tierplastiken, anatomisch regelrecht aufgebaut, hat der Betrachter ein leichteres Spiel. Sie bieten ob der verwendeten Materialien ein zusätzliches Moment der Überraschung, ihre Kühle: Eisen bzw. Stahl reizen weniger, den Formen mit der Hand zu folgen.

Allen Arbeiten Danes voraus eilt die Zeichnung, meist uneinholbar: Sie lässt sich in kein anderes Medium übertragen. Entweder bleibt sie erhalten, steht für sich, oder sie wird übermalt, als Gerüst, das eine Leinwandfläche strukturiert hat.

Dane, Slobodan Kapevski ist frei genug, seine Arbeitsweise selbst zu bestimmen, und gut genug ausgebildet, seine eigene Befindlichkeit  – Gefühle, Gedanken, Träume, Wünsche – auszudrücken: Es könnten auch wieder Riesen sein, die er baut. Vielleicht sind es die Riesen, die auch uns nicht gern schlafen lassen.

Herward Tappe 2001

Bilder privat, und Karl Kirschner 🎚

Hier gibt´s noch einen Film aus dem Jahr 2003

https://www.facebook.com/100002383614558/videos/111731368916316/

Von Norbert

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